Laut, lebendig, anstrengend
Über 7 Millionen Menschen wohnen in Saigon, das sich offiziell Ho-Chi-Minh-Stadt nennt. Eine beeindruckende Zahl, die der Stadt einen Platz in der Top 30 der größten Städte der Welt sichert. Beeindruckender für mich ist aber die Anzahl von 4 Millionen Motorrädern! Schnell wurde uns klar, dass der wuselige Straßenverkehr der Stadt eins ihrer Charaktermerkmale ist.
Dabei fing alles noch ganz ruhig an. Statt ein überteuertes Flughafentaxi zu nehmen, stiegen wir in den öffentlichen Bus, der direkt am Flughafen abfährt. Die letzten Meter zur Unterkunft mussten wir aber laufen und bekamen gleich zu spüren, wie hier der (Motor)Hase läuft.

Roller sind in Südostasien so wie bei uns Autos. Ganze Familien sind damit unterwegs. Zweimal haben wir 5 Leute auf einem Roller gesehen, mehrfach 4 Leute.
Spannend ist es hier, die Straße zu überqueren. Wenn der Verkehr für einen Moment weniger dicht ist, läuft man einfach los, langsam und vor allem mit konstanter Geschwindigkeit. Die Rollerfahrer fahren dann einfach um einen herum. Man braucht eine Portion Mut und Vertrauen, aber mit der Zeit lernt man, wie gut das dann doch funktioniert. Wir haben eine Straße allerdings nicht überquert, wenn Autos im Anmarsch waren, da diese nicht so gut ausweichen können.
Wenn man sich dann ein bisschen mit den verkehrstechnischen Umständen angefreundet hat, dann sollte man den Straßenverkehr auch ein bisschen genießen, denn hier gibt es einiges zu entdecken.
Auch wenn auf und an den Straßen richtig viel los ist, und die Straßen und Straßenränder einen wichtigen Teil des Lebensraums der Menschen hier bilden, ist kaum jemand als Fußgänger unterwegs. Zwar gibt es häufig Bürgersteige, diese sind aber in schlechtem Zustand und häufig zugeparkt mit Rollern oder Essensständen. Auch hier muss man damit rechen, dass ein Rollerfahrer angefahren kommt, um eine Abkürzung zu nehmen. Als Fußgänger hat man kaum Rechte, nicht mal auf dem vermeintlichen Gehweg.
Das war uns aber egal und wir haben uns meistens zu Fuß fortbewegt. Wer das nicht möchte, kann überall ein Taxi finden. Die Preise für ein Taxi sind recht günstig, man sollte sich aber vorher informieren, welche Anbieter gut sind und was man beachten sollte, damit man nicht über den Tisch gezogen wird. Unsere Erfahrungen mit den Anbietern Vinasun und Mai Linh waren sehr gut.
Ein anderes Saigon, nur ein paar Meter weiter
Unsere erste Unterkunft lag in einer Seitenstraße oder besser in einer Seitengasse. Unter dem Namen Saigon Room Hotel vermieten Phi und seine Familie mehrere Zimmer in District 3. Der in Vietnam inflationär verwendete Name Homestay trifft es in diesem Fall recht gut und wir wurden sehr herzlich empfangen und betreut.
Die Atmosphäre in der kleinen Gasse hat großen Eindruck auf uns gemacht. Während wir gerade noch einer Horde Roller ausweichen mussten, befanden wir uns plötzlich in einer anderen Welt. Hier geht es ruhig zu und alles hat eine sehr persönlich Note. Die Häuser sind häufig offen und das Leben der Menschen ist viel öffentlicher als wir das in Deutschland kennen.
Die kleinen Gassen ziehen sich durch die ganze Stadt und bilden ein enges Geflecht abseits der großen Straßen.

Lustig fanden wir, dass die meisten Leute nachts ihre Motorroller dort abstellen, wo tagsüber noch das Wohnzimmer war.

Das Leben in den Gasse ist recht öffentlich und nicht nur hier konnten wir den Menschen ins Wohnzimmer schauen.
Saigon für Touristen
Wir haben die ganze Zeit über in District 3 gewohnt, zunächst im erwähnten Saigon Room Hotel, anschließend im Hotel Ngoc Dung. Das Viertel hat uns super gefallen. Hier ist man nicht unter Touristen, sondern lebt unter den Locals, was wir sehr schätzten. Wer lieber unter Gleichgesinnten verweilt, ist besser in District 1 aufgehoben. Das hat aber auch seine Schattenseiten. Vor allem im Backpackerviertel kommt es gelegentlich zu Diebstahl, Raub, Betrug oder unmoralischen Angeboten. Derartiges ist uns in mehreren Wochen nicht passiert.
Saigon ist keine Stadt, die sich durch unzählige oder herausragende Attraktionen für Touristen auszeichnet. Ein paar Dinge haben wir uns aber angeschaut.
Wer gerne auf den Bitexco Financial Tower hinauf möchte, um Saigon von oben zu sehen, kann sich das Eintrittsgeld für die Besucherterrasse sparen und stattdessen einen Kaffee oder ein Bier im Café oder Restaurant des Turms trinken. Vom ersten Stock führen Fahrstühle dort hoch. Zwar sind die Getränke recht teuer, aber immer noch günstiger als der reine Eintritt für die Besucherplattform.
Saigon für Digitale Nomaden
Saigon ist auf der Nomad List verzeichnet als guter Ort, um von unterwegs zu arbeiten. Es gibt viele Cafés und freies WLAN ist in Vietnam quasi selbstverständlich.
Unsere Favoriten in District 3 waren:
- Filialen der amerikanischen Kette The Coffee Bean & Tea Leaf. Der große Latte ist wirklich riesengroß und superlecker.
- Trung Nguyen: Das vietnamesiche Pendant. Hier gibt neben westlichem Kaffee auch die vietnamesische Variante mit süßer Kondensmilch.
- Prem Bistro & Café: Ein vegetarisches Café und Restaurant und unser Lieblingsort. Die Mitarbeiter sind sehr freundlich und haben uns wertvolle Tipps für unserer Weiterreise gegeben.
- M2C Café: Es gibt zwei Filialen. Die Filiale in der Nähe des War Remnants Museum hat uns am besten gefallen.
Weitere Tipps gibt es vom Café-Experten James auf Nomadic Notes: The incredible cafe scene of Ho Chi Minh City.
In Saigon gibt es auch Coworking Spaces. Zweimal waren wir im Work Saigon, einer Mischung aus Coworking Space und Café. Das Saigon Coworking habe ich mir auch angesehen. Es ist weniger international und leider sehr weit draußen.
Fazit
Die wenigsten werden sich auf den ersten Blick in Saigon verlieben. Aber nach ein paar Tagen kann man sich hier heimisch fühlen und den wuseligen Alltag lieben lernen. Wir haben hier spannende 4 Wochen verbracht.
Die Menschen, die wir kennengelernt haben, waren alle sehr herzlich. Im Vorfeld der Reise hatten wir im Internet Artikel gelesen, die nicht nur gute Töne anschlagen. Das können wir nicht bestätigen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir die Touri-Spots gemieden haben.
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